Die PR-Branche ist dafür bekannt, sich stets neu zu erfinden und mit coolen Buzzwords nur so um sich zu werfen. Trotzdem ist nicht alles Luft, was aus dem Megaphon gepustet wird, und es lohnt sich bisweilen, genauer hinzuschauen, wie beim Storytelling. Hinter dem schönen neuen Wort verbirgt sich eine uralte kulturelle Fähigkeit: Menschen erzählen sich Geschichten. Das haben sie immer schon gemacht, ob früher am Feuer in der Höhle, neulich noch am Biertisch und heute in den sozialen Netzwerken.
Warum sind Geschichten so wertvoll?
Geschichten wecken Emotionen, sie unterhalten, sie überraschen, bleiben im Gedächtnis und, ganz wichtig, werden weitererzählt. Kommunikationsprofis, deren Aufgabe es ist es, Menschen zu überzeugen, machen sich genau das zur Aufgabe: Über gute Geschichten Informationen mit Gefühlen besetzen und beim Rezipienten ins Bewusstsein vordringen. Eine gute Geschichte hat eine starke Hauptfigur, einen packenden Spannungsbogen und sie ist authentisch. Deshalb sollte sich jeder Storyteller vor dem Erzählen die wichtigsten Fragen beantworten.
Hier unsere Checkliste Storytelling:
- Der Anlass: Welche Motivation steht hinter der Story? Welchen Zweck hat sie?
- Der Hauptheld: Wer ist der Protagonist? Das Unternehmen, seine Mitarbeiter, Kunden?
- Der Konflikt: Vor welcher Herausforderung steht der Protagonist? Wie stellt er sich seinen Konflikten und wie entwickelt er sich?
- Unterhaltung: Welche Emotionen sollen vermittelt werden?
- How-to-storytell: Wer ist die Zielgruppe und wie tickt sie? Welche Botschaften sollen kommuniziert werden?
Gute Geschichten werden weitererzählt
Geshared, um genau zu sein. Denn niemals zuvor in der Geschichte des Geschichtenerzählens gab es so viele Möglichkeiten, sie weiter zu verbreiten. Mithilfe der Like- und Share-Buttons gehen Geschichten auf die Reise und werden weiterempfohlen. Wenn sie richtig gut sind, verbreiten sie sich rasend schnell weiter – ohne Zutun des Erzählers.
Sich darauf zu verlassen, wäre jedoch fatal. Viraler Erfolg lässt sich bekanntlich schwer einkalkulieren. Deshalb kann der Storyteller selbst viel für Weiterverbreitung seiner Geschichte tun, indem er sie crossmedial erzählt. Sie also auf verschiedenen Kanälen kommuniziert, analog und digital. Entweder im Ganzen oder in kleinen Episoden, die klug miteinander verwoben werden.
Was ist nicht verstehe – warum soll das so etwas Besonderes sein? Für mich (beziehungsweise uns in der Redaktionsgemeinschaft) war es schon immer wichtig, dass unsere Beiträge eine Geschichte erzählen. Selbst wenn es sich um einen noch so „Techie-Testbericht“ handelt — nach meiner Einschätzung liest ihn jeder lieber, wenn er eine Geschichte erzählt, statt Daten und Meßwerte im Stakkato herunterzurattern oder den Leser mit langweiligen Ausflügen zu „Warum das OS „XY“ per se viel sicherer und besser ist.
Ich empfinde dies mit dem Storytelling als ziemlichen Hype – wer es nicht schafft interessant zu schreiben, wird es IMHO auch mit noch so viel „Storytelling“ nicht besser machen. Zudem scheinen viele der „neuen Journalisten“ ja zu meinen, dass es ohne wackelige Smartphone-Videos keine Story ist.
OK – genug gemeckert (bin halt schon alt ;-). Just my 2 cents.
Gruß
Micha